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Ethik
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Reicht es nicht ein guter Mensch zu sein?

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Das Konzept der Vergebung.

Wenn jemand so fragt, frage ich gerne zurück: "Reicht es nicht - wofür?" Um vor Menschen gut dazustehen? Um ein gutes Leben zu haben? Dafür reicht es ganz bestimmt aus, ein guter Mensch zu sein, gar keine Frage.

Aber das ist mit der Frage meistens gar nicht gemeint. Sondern gemeint ist oft: "Ihr Christen redet gerne vom Christwerden - dass man Gott vertrauen soll, mit Jesus leben soll. Das finde ich zu kompliziert. Und sowieso: Beim Christsein geht es doch vor allem darum, Gutes zu tun, richtig zu handeln, oder? Dafür braucht man doch keinen Glauben. Das kann ich auch ohne Christ zu sein."

Die Antwort darauf hat zwei Teile

Teil 1: Richtig, um Gutes zu tun, dafür muss man nicht an Gott glauben. Es gibt viele Menschen, die erklärtermaßen nicht an Gott glauben und viel Gutes tun. Und es gibt (leider) auch genügend Menschen, die erklärtermaßen an Gott glauben und viele Fehler machen.

Teil 2: Leider falsch, es geht beim Christsein nicht vor allem darum, Gutes zu tun. Sondern Christsein heißt, eine Beziehung mit Jesus zu haben. Zusammen mit ihm durchs Leben zu gehen. Das verändert mich natürlich auch selbst. Je mehr Zeit ich mit Jesus verbringe, desto mehr fange ich an, Menschen so zu sehen wie er es tut: als Menschen, die Gott wichtig sind, die er liebt. Also können sie mir auch nicht egal sein. Wenn ich als Christ lebe, lebe ich also hoffentlich anders als vorher, besser als vorher.

Das ist aber sozusagen nur ein Nebenprodukt von meinem Christsein, nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist, dass ich Jesus vertraue. Ihm vertraue, dass er zum Beispiel auch dann noch zu mir steht, wenn ich gründlich versagt habe.

Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin...

Denn das ist doch der Punkt: Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, muss ich zugeben: Ich schaffe es nicht immer, gut zu sein. (Ich gehe ehrlich gesagt davon aus, das ist bei dir genauso. Falls doch, brauchst du nicht weiterzulesen, dann betrifft dich der Rest nicht.) Ganz ehrlich: Je ehrlicher wir zu uns selbst sind, desto mehr müssen wir zugeben: Klar kann man weit kommen, wenn man sich immer wieder vornimmt, gut zu sein. Ehrlich, freundlich, konsequent, zuverlässig, immer die Wahrheit sagen, immer auf die andern achten, immer den Mülll trennen. Kein Witz: Es gibt Menschen, die kommen auf diesem Weg sehr weit. Weiter übrigens als manche Christen. Aber auch diese Menschen kommen irgendwann an eine Grenze. Weil sie sie selbst bleiben.

Wir alle bleiben nun mal wir selbst. Zu uns selbst gehören immer gute und schlechte Seiten. Und die richtig schlechten Seiten haben die dumme Angewohnheit, dass sie gerne ungeplant und genau zum falschen Zeitpunkt zum Vorschein kommen. Wenn wir gerade überhaupt keine Zeit haben. Wenn uns jemand unter Druck setzt oder vor anderen bloßstellt. Wenn uns keiner zusieht. Dann kommt auch mal das zum Vorschein, von dem wir eigentlich dachten, wir hätten es im Griff. Aber das haben wir nicht, oder nicht immer - und das macht auch nichts.

Was Vergebung kann

Genauer gesagt: Es macht Gott nichts. Gott macht seine Liebe zu uns nicht davon abhängig, wie gut wir sind. Er weiß, dass wir immer beide Seiten in uns haben, gute und schlechte. Der Kontakt mit ihm wird die guten Seiten hoffentlich hervorkitzeln. Aber der Kontakt mit ihm bricht nicht ab, wenn die schlechten Seiten die Oberhand gewinnen. Im Gegenteil: Gerade wie Gott mit uns umgeht, wenn wir überhaupt nicht gut sind - gerade das verändert uns. Der Fachbegriff dafür ist Vergebung. Vergebung heißt nicht, dass Gott Schlechtes schön redet. Der Fehler, den man gemacht hat, wird beim Namen genannt. Aber wenn Gott mir vergibt, sagt er gleichzeitig: Was du getan hast - so ernst es war -, ändert nichts daran, dass ich dich liebe, dass du für mich wertvoll bist. Das verändert. Das verändert Menschen stärker als jeder gute Vorsatz, ab jetzt nur noch Gutes zu tun.

Deswegen frage ich manchmal auch zurück: "Und wenn du dann doch merkst, dass du nicht immer ganz so gut bist, wie du gerne wärst - was machst du dann? Wie gehst du mit deinen eigenen Fehlern um? Eine mögliche Taktik ist ja, die eigenen Fehler schönzureden: "Ach, das war ja gar nicht so schlimm. An dem Tag war ich schlecht drauf..." Wenn ich aber weiß, dass Gott mir vergibt, habe ich das nicht nötig. Dann kann ich sagen: Nein, manches von dem, was ich tue, ist wirklich nicht in Ordnung. Ich versuche es beim nächsten Mal besser zu machen. Aber was mir dabei gerade hilft ist: Ich weiß, dass Gott mich auch jetzt schon liebt - so wie ich bin."

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