Jesus im Koran
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Der Islam und das Christentum unterscheiden sich bei genauer Betrachtung theologischer Fragen nach dem Gottesbild, der Göttlichkeit Jesu oder seiner Kreuzigung sehr. Dennoch ist die Person Jesus im Islam von zentraler Bedeutung. Diese zu kennen kann ein Türöffner für das Gespräch mit Muslimen sein, wie unser Autor im Folgenden aufzeigt.
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Im Koran gilt Jesus als einer der größten Propheten und wird in 15 Suren erwähnt, über 200 Verse sind ihm gewidmet. Die muslimischen Mystiker, die Sufis, bewundern die herausragenden spirituellen Eigenschaften des Sohnes Marias. Für Ibn-Arabi, den Vater der muslimischen Mystik, ist Jesus das „Siegel der Heiligkeit“ er ist der Prophet, der nie gesündigt hat. Im Vergleich dazu gibt der Koran Muhammad den Titel „Siegel der Propheten“. In den Suren 3,38-47 und 19,1-34 spricht der Koran über die wundersame Geburt Jesu. Neben dem Christentum ist der Islam damit die einzige Religion, die dieses Wunder zweifelsfrei bejaht. Jesus wird im Koran als großer Prophet bezeichnet (Sure 19,31).
Seine Stellung ist herausragend. Er hat das Evangelium empfangen, „und in die Herzen derer, die ihm folgten, legten wir Güte und Barmherzigkeit“ (Sure 57,27). Jesu Wunder, die im Koran erwähnt werden, entsprechen im Großen und Ganzen denen der Evangelien: die Heilung des Blindgeborenen, die Heilung eines Leprakranken und die Auferweckung von Toten.
Der Koran geht sogar noch weiter, indem er Jesus diverse Attribute zuspricht, die wir im Folgenden vorstellen und dazu jeweils eine Frage für das Gespräch formulieren:
- Jesus ist das Wort Gottes: Neben seiner wundersamen Geburt, die der Islam anerkennt, bestätigt der Koran, dass Jesus das Wort Gottes ist. „O Maria, Gott verkündet dir sein Wort, sein Name wird Christus sein, Jesus, Sohn der Maria.“ (3,45) Der bemerkenswerte Titel „Wort Gottes“ wird im Koran drei Mal wiederholt und ausschließlich für Jesus verwendet (3,39,45; 4,171). Dieser Vers erinnert an Johannes 1,1: „Am Anfang war das Wort.“ Aber ist das Wort einer Person nicht die Person selbst? Warum wird der Titel „Wort Gottes“ allein auf Jesus angewendet?
- Jesus ist der Geist Gottes: Der Koran beteuert außerdem, dass Jesus der Geist Gottes ist (4,171).
- Jesus ist durch das direkte Eingreifen Gottes geboren: „Wir haben in sie [Maria] gegeben von unserem Geist.“ Dem Koran zufolge ist Jesus der einzige Prophet, dem dieses Privileg zuteil wurde. Kann man sagen, dass der Geist Jesu kein anderer ist als der Geist Gottes? Repräsentiert der Geist einer Person nicht die Person selbst?
- Jesus ist Barmherzigkeit: Der Koran zögert nicht über Jesus zu sagen: Wir haben ihn zum „Zeichen“ für die Menschen gemacht und eine „Barmherzigkeit von uns“ (19,21). Dieser Text erinnert an Titus 3: „[Gott] machte uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit“. Was ist die Basis dafür, dass der Koran Jesus „die Barmherzigkeit für die Menschen“ nennt? Wird die Universalität seiner Barmherzigkeit nicht durch diesen Vers bestätigt?
- Jesus ist ohne Sünde: Laut Koran verwendet der Engel Gabriel gegenüber Maria folgende Formulierung: „Ich bin nichts als ein Botschafter deines Herrn, um dir einen reinen Sohn zu geben“ (19,19). Rein bedeutet ohne Sünde. Daher rührt der Titel „das Siegel der Heiligkeit“ , den Ibn-Arabi Jesus zuspricht . In der Tat ist Jesus der einzige Prophet, von dem der Koran sagt, dass er nie einen Fehler begangen habe, im Gegensatz zu anderen Propheten, deren Sünden im Koran erwähnt werden. Ist diese Heiligkeit nicht allein schon ein Alleinstellungsmerkmal Gottes und Hinweis auf diesen?
Neben diesen Titeln gibt es weitere spezielle Attribute, die nur Jesus zugesprochen werden, wie etwa der Messias, „er gehört zu denen, die in Gottes Nähe weilen“ (3,45) und dass er das „Zeichen der Stunde“ am Ende der Zeiten sein wird. Jesus – nicht Mohammed oder Abraham (der Vater der Gläubigen) – wird von Gott auserwählt werden, um die Friedensherrschaft auf der Erde aufzurichten. Warum Jesus und nicht der „Vater der Gläubigen“? Die muslimische Tradition schweigt an diesem Punkt.
Diese Titel, die wir hier betrachtet haben, werfen Fragen auf: Kann man dabei stehen bleiben, dass Jesus nur ein Prophet Gottes ist? Auch wenn der Weg uns manchmal lang erscheint – die Brücken sind zahlreich.