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Weltanschauungen
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Schöpfung oder Zufall?

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Stehen Wissenschaft und Glaube sich im Weg oder können sie sich fördern?

Es ist 10.26 Uhr: Ein Schüler sitzt über seiner Mathe-Schulaufgabe und versucht sich an der Konstruktion eines 30°-Winkels. Auf dem Grunde des Pazifiks teilt sich gerade ein Einzeller. Im Zentrum der Milchstraße nähert sich ein Atom dem schwarzen Loch, um von diesem endgültig verschlungen zu werden. Alles absurd? Vielleicht. Woher kommen der Schüler, der Einzeller und das Atom? Fragen so alt wie die Menschheit und so gewichtig und dunkel wie Schwarze Löcher...

Woher kommt das alles?

Es gibt auf diese Frage gar nicht so viele mögliche Antworten. Genau genommen gibt es vor allem zwei Kandidaten. Erstens könnten Materie und Energie schon seit Ewigkeiten existieren. Das Spiel der sie bewegenden Kräfte führte im Laufe der Zeit zur Entstehung von Atomen, Sternen, Planeten, Lebewesen und schließlich auch uns Menschen mit unseren geistigen Fähigkeiten. So ähnlich stellte sich das übrigens schon manch antiker Grieche wie Demokrit und Epikur vor. Zweitens könnte es aber auch sein, dass das Universum das Werk eines Schöpfers ist. Dieser hat sich gut überlegt, wie das Universum aufgebaut werden muss, damit er einem Wesen, mit dem er gern eine besondere Beziehung aufbauen möchte, ein Zuhause geben kann. Die Frage ist also: War zuerst der Geist oder die Materie?

Was kann die Naturwissenschaft dazu sagen?

In der Geschichte der Naturwissenschaft hat es schon immer bedeutende Wissenschaftler gegeben, die von Gottes Existenz überzeugt sind, und andere, die es nicht sind. Offenbar ist das wissenschaftliche Handwerk also nicht eindeutig an einen bestimmten Glauben gebunden. Wir begegnen hier oft zwei Kurzschlüssen.

Der erste lautet: „Wir verstehen etwas nicht, also hat das Gott gemacht.“ Wer so argumentiert, macht Gott zum Lückenbüßer. Und dieser Gott verschwindet, sobald die Wissenslücke geschlossen wird. Natürlich gilt auch nicht das Gegenteil, dass etwas, was wir nicht verstehen, auf jeden Fall eine rein natürliche Erklärung haben muss. An diesem Punkt stehen wir gerade bei der Frage, wie das erste Leben entstanden ist. Die gängigen „natürlich“ vorstellbaren Modelle sind auf scharfe Grenzen gestoßen. Daraus folgt noch nicht, dass Gott die einzige Lösung sein kann, ebensowenig dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis natürliche Mechanismen entdeckt werden. Wir kommen angesichts der enormen Komplexität selbst einfachsten Lebens ins Staunen. Der Code der DNA gleicht einem intelligent programmierten Algorithmus und weist daher Merkmale intelligenter Konstruktion auf, die einen positiven Hinweis auf einen Schöpfer darstellen.

Der zweite Kurzschluss lautet: „Wir verstehen etwas, also hat Gott nichts damit zu tun.“ Als Astronomie-Pionier Johannes Kepler nach jahrelanger Analyse die Gesetze der Planetenbahnen um die Sonne entdeckt hatte, legte er seinen Stift zur Seite und pries Gott für dessen Weisheit und die Ordnung, mit der er alles erschaffen hatte und die wir mit der Mathematik so einfach beschreiben können. Als Napoleon hingegen Laplace fragte, wo in seinen Gleichungen (die Keplers Beobachtungen verallgemeinerten) denn Gott vorkäme, antwortet dieser: „Ich brauche diese Hypothese nicht.“ War Gott auf einmal herausgerechnet? Nein. Natürlich kann Gott nicht in einer Gleichung vorkommen, ganz ähnlich wie der Konstrukteur eines Flugzeuges nicht auf dem Konstruktionsplan eingezeichnet ist. Aus der Entdeckung eines Mechanismusses oder eines Gesetzes können wir nicht darauf schließen, dass es niemanden gibt, der sich diesen Mechanismus ausgedacht habe. Oder verschwindet Steve Jobs plötzlich, wenn ich das iPhone verstanden habe?

Die Frage ist also nicht die, ob wir einen Mechanismus entdecken, sondern ob etwas auf eine intelligente Planung hindeutet, die auch hinter einem Mechanismus stehen kann.

An diesem Punkt kommt die Naturwissenschaft ins Spiel. Denn in der Tat versuchen wir in der Suche nach außerirdischem Leben (SETI), Signale aus dem All auf Merkmale hin zu untersuchen, die auf einen nicht-natürlichen Ursprung hinweisen, z.B. eine Primzahlfolge von Radiowellen-Impulsen (vgl. den Film „Contact“). Auch in der Archäologie wird entschieden, ob Steine verwittert oder von Lebewesen bewusst bearbeitet wurden. Und vor Gericht muss der Beweis geführt werden, ob das Opfer zufällig erschlagen wurde oder ob das direkt oder indirekt über einen Mechanismus von einem Täter herbeigeführt wurde.

Das ist ein Indizienbeweis, der immer auch angezweifelt werden kann und nie 100% sicher ist. Dennoch fällen wir auf seiner Basis ein Urteil.

Was ist nun plausibler: Schöpfung oder Zufall?

Für den Atheisten gibt es ein grundlegendes Problem: Hat er Recht, hat er keinen Grund sich selbst zu glauben. Denn wenn wir nur Materie sind, dann sind auch unsere Gedanken nur Produkt unserer blind feuernden Neuronen. Warum sollten diese wahr sein? Ein Taschenrechner muss sehr genau konstruiert werden, wenn das angezeigte Ergebnis genau dem einen richtigen Ergebnis der mathematischen Logik entsprechen soll. Wenn unser Gehirn einem rein zufällig entstandenen Computer gleichen sollte, dürfen wir ernsthafte Zweifel an dessen Vertrauenswürdigkeit anmelden, inklusive der Theorie, dass unser Gehirn aus Neuronen bestehen solle.

Intuitiv gehen wir aber von der Wahrheitsfähigkeit unseres Denkens aus. Wenn die Natur und unser das Gehirn gebrauchende Verstand aber von einem wohlwollenden, mächtigen Schöpfer stammen, der wollte, dass wir seine Natur verstehen, so ist das eine einleuchtende Erklärung.

Wenn es Gott gibt, haben wir gute Gründe, auch unserem Denken zu glauben und Wissenschaft zu betreiben.

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